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Das Leipziger Universitätssiegel

Siegel und Siegelführung waren für die mittelalterlichen Universitäten ein wichtiges Element ihrer rechtlichen Autonomie und Selbstverwaltung. Das Beglaubigungsrecht verkörperte den juristisch und materiell sichtbaren Beweis einer Privilegierung – weswegen auch die Symbolik nicht nur formellen Charakter hatte. Neben der christlichen Ikonographie finden sich in den Universitätssiegeln immer wieder Bezüge auf die weltlichen Mächte (Regenten oder Stifter), auf das eigene Lehrgeschäft, oder es weisen symbolisierte kirchliche Würdenträger auf die klerikale Seite der Universitäten hin.

Privileg der Siegelführung

Die Universität Leipzig ererbte bei ihrer Gründung im Jahre 1409 das Recht zur Siegelführung bereits als selbstverständliches Privileg. Die ersten Universitäten, wie beispielsweise Paris, hatten sich diese Beurkundungsform erst in heftigen Auseinandersetzungen beim Papst erstreiten müssen. In einer Zeit der minimalen Schriftlichkeit waren die zumeist in Wachs geprägten Siegelabdrücke unabdingbar, um den Willen der akademischen Korporationen verbindlich erklären und rechtliche Verhandlungen eindeutig legitimieren zu können. Siegel waren deshalb für das Gemeinwohl der Korporationen eminent und wurden sorgsam verwahrt. Für Siegelfälschungen drohten recht drakonische Strafen, wie etwa der Tod auf dem Scheiterhaufen.

 
 
Das große Universitätssiegel, oder auch „sigillum maiestatis“, wurde nur zu besonderen Beurkundungen der Gesamtuniversität benutzt – entsprechend selten war auch sein Gebrauch. 1419 wurde es zum ersten Male erwähnt, es war aus vergoldetem Metall und blieb in einer eisernen Truhe stets sorgfältig verschlossen. Universitätsarchiv Leipzig.

Nur zu besonderen Anlässen

Übrigens führte jede Organisation in der Universität Leipzig (Rektor, Fakultäten, Nationen, Kollegien) ein eigenes Siegel, noch heute sind mehr als 40 verschiedene Siegeltypare im Universitätsarchiv Leipzig überliefert. Das erste akademische Siegel entsteht vermutlich schon im Jahre 1410 – in der Artistenfakultät wird das Siegel zur Beurkundung von Doktorbriefen sehr rasch benötigt. Das große Universitätssiegel, oder auch „sigillum maiestatis“, wurde nur zu besonderen Beurkundungen der Gesamtuniversität benutzt – entsprechend selten war auch sein Gebrauch. 1419 wurde es zum ersten Male erwähnt, es war aus vergoldetem Metall und blieb in einer eisernen Truhe stets sorgfältig verschlossen.

Schutzheilige des Bistums Merseburg

Das Siegelbild zeigt die beiden Schutzheiligen des Bistums Merseburg, dessen Bischof zugleich als Kanzler für die Universität fungierte. Dargestellt sind nebeneinander zwei nimbierte Heilige in langen Gewändern: zunächst Sankt Laurentius auf der rechten Seite, der einen Rost hält, als Verweis auf seinen Märtyrertod. Die zweite Gestalt symbolisiert Johannes den Täufer, durch das Lamm auf seinem linken Arm eindeutig gekennzeichnet. Das ursprünglich große Siegel mit einem Durchmesser von 78 mm ist wohl zum Ende des 18. Jahrhunderts in Vergessenheit geraten – nicht einmal sein Verlust wurde bemerkt. Erst zum Universitätsjubiläum von 1809 vermisste man das Siegel und musste es neu schneiden lassen, es trug fortan die Umschrift Sigillum Universitatis Studii Lipsiensis<

Vor dem Universitätsjubiläum von 1909 ist noch eine kleine Änderung im Siegelbild vorgenommen worden: Unter dem Piedestal der beiden Heiligen wurde das Gründungsjahr der Universität (1409) als Zahl eingefügt. Für das Universitätsjubiläum 2009 ist ein besonderes Logo entworfen worden, ein Kunstprodukt, das sich nur noch entfernt an die früheren Vorlagen anlehnt, aber die Erinnerung an das Siegelbild auf moderne Weise fortführt. Mit der Übergabe des Roten Kollegs im Jahre 1515 und dem Umzug der Artistenfakultät dorthin war ein heftiger Streit zwischen der Fakultät und dem Fürstenkollegium entbrannt. Bisher hatte das Kollegium für die Nutzung seiner Räume bei Promotionen eine Saalmiete erhalten, die nun entfiel. Erst durch Zahlung einer hohen Ablösesumme zwischen den beiden Korporationen konnte das Verfahren damals geschlichtet werden.

Dr. Jens Blecher