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Karzerstrafen an der Universität Leipzig

Datenbank Karzerstrafen

Karzerstrafen an der Universität Leipzig

Für die Studenten an der Universität galten die Immatrikulationsordnungen als wichtigste Normative. Im Februar 1878 erließ die sächsische Regierung jedoch ein eigenes Gesetz über die bürgerlichen Verhältnisse der Hochschulangehörigen. Das Gesetz regelte vor allem die Rechtsstellung der Studierenden in der neuen deutschen Staatsverfassung – so erloschen mit seinem Inkrafttreten alle bisherigen Sonderrechte, die den Studenten Ausnahmen von den Straf- und Polizeigesetzen garantiert hatten. 

Die wegen Übertretungen – juristisch die geringste Form eines möglichen Straftatbestandes neben Vergehen und Verbrechen – disziplinarisch gemaßregelten Studenten hatten allerdings weiterhin, soweit sie nicht den Militärgesetzen unterlagen, ihre Strafen im akademischen Karzer abzubüßen. Nach dem gleichen Rechtsgedanken wurden die studentischen Vereine sowie alle von ihnen ausgehenden akademischen Versammlungen der Aufsicht der Universitätsbehörden unterstellt.

Das Universitätsgericht hatte nur noch die Disziplinargerichtsbarkeit über die Studenten inne, konnte aber andernorts erfolgte Strafverfahren gegen Studierende aufgreifen und ein zusätzliches Disziplinarverfahren gegen den Betroffenen an der Universität Leipzig eröffnen. Zu diesem Zweck sollten die Urteile gegen Studenten aus Verfahren vor Militär- und Strafgerichten dem Universitätsgericht übermittelt werden. Als Strafmaßnahmen standen der Universität neben dem Consilium abeundi die Exmatrikulation und die Relegation zu Gebote. Gegenüber säumigen Honorarschuldnern durfte die Universität nun als Unterpfand die Herausgabe des Abgangszeugnisses verweigern.


Consilium abeundi: „Der Rat, wegzugehen“ bedeutete in der schärferen Form den Verweis von der Hochschule, den Verlust der akademischen Bürgerrechte und die Aufforderung, die jeweilige Universitätsstadt zu verlassen. Das Strafverfahren war zweistufig: zunächst war nur die Strafandrohung schriftlich anzuerkennen. Damit wurde dem Delinquenten noch eine Bewährungsfrist eingeräumt, bei weiteren Auffälligkeiten wurde die Strafe dann einfach publiziert.