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In Auschwitz ermordete Universitätsangehörige: Max Brahn, Lucy Beck, Siegmund Hellmann

Max Brahn. UAL, CFS_N00259

Max Brahn
Privatdozent und a.o. Professor in Leipzig, Leiter des Instituts für experimentelle Pädagogik und Psychologie

Max Brahn wurde am 15. Juni 1873 im oberschlesischen Laurahütte, in der Nähe von Kattowitz und Königshütte in Oberschlesien, als Sohn des Kaufmanns Gustav Brahn, geboren. 1891 legte er das Abitur am Gymnasiums in Beuthen ab, es folgte ein Studium der Medizin in Erlangen, München, Berlin, Kiel und Heidelberg. 1895 promovierte Max Brahn in Heidelberg zur „Entwicklung des Seelenbegriffes bei Kant“. Er ging nach Leipzig, um „unter Leitung des Herrn Geh. Hofrat Wundt im Institut für experimentelle Psychologie eine durchgreifende Bildung in der experimentellen Psychologie zu erhalten“ (Akten UAL). 1898 bemühte er sich um die Zulassung zur Habilitation an der Leipziger Universität. Ein langes Verfahren folgt: das Verfahren wurde jedoch aufgrund enormer Widerstände an der Universität und aufgrund Wundts schwacher Sehkraft wird das Verfahren erst zum Ende des Jahres 1901 abgeschlossen. Im gleichen Jahr hält Brahn erste Vorlesungen als unbesoldeter Privatdozent zum Thema Psychophysik. 1906 wird er wissenschaftlicher Leiter des Institutes für experimentelle Pädagogik und Psychologie, 1909 Vorsitzender eines Vereins zur Gründung eines Schulmuseums in Leipzig. 1911 wird Brahn an der privaten Hochschule für Frauen in Leipzig ein Dozent, von 1912 bis 1916 gibt er zusammen mit Max Döring das Archiv für Pädagogik heraus, es erscheinen sieben Bände. Anfang 1913 beantragt sein Doktorvater Wundt die Beförderung Brahns zum „etatmäßigen ao. Professor für Psychologie  und experimentelle Pädagogik“. Die Fakultät lehnt ab.
Aufgrund einer von Wundt nicht autorisierten fehlerhaften Publikation mit einem Vorwort von Max Brahn (Founders of Modern Psychology, 1912, Granville Stanley Hall), kommt es 1914 zum Zerwürfnis mit Wundt.
Brahn wendet sich neben der pädagogischen Psychologie dem neuen Feld zu der Psychologie der Berufseignung zu. Unter anderem entwickelt Brahn eine Eignungsprüfung in der deutschen Armee, etwa für Flieger und für Kraftfahrer.

1920 fordert das sächsische Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts gegenüber der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig den Wunsch, die Verdienste Brahns zu würdigen. Eine etatmäßige außerordentliche Professur für Berufspsychologie und experimentelle Pädagogik soll eingerichtet werden. Wundts Nachfolger Krueger wendet sich dagegen, die Fakultät verhält sich gegenüber der politischen Aufforderung sensibel und beruft eine Kommission ein. Doktorvater Wundt verfaßt kurz vor seinem Tod eine ablehnende Stellungnahme, etliche Gutachter äußern sich ähnlich, in der Folge lehnt die Fakultät das Ansinnen des Ministeriums ab. 1921 teilt das Ministerium mit, dass aufgrund der Finanzlage von dem Vorhaben abgesehen wird. Max Brahn wird lässt sich von der Leitung des Instituts für experimentelle Pädagogik entbinden, er stellt ohne Beurlaubung, seine Vorlesungen ein. Ende 1926 entzieht ihm die Universität Leipzig die venia legendi.
Brahn wird Regierungsrat und erfolgreicher Deutscher Bevollmächtigter für Arbeitsfragen in Oberschlesien, 1927 Ständiger Schlichter für Arbeitskonflikte in Oberschlesien, 1928 Ständiger Schlichter für Westfalen und Teile des Ruhrgebietes. 1933 verliert er als Jude seine Ämter.
Brahn floh er in die Niederlande. In Amsterdam wird er nach dem deutschen Überfall Mitglied des 1941 eingerichteten „Joodse Raad van Amsterdam“ (Judenrates) als Vertreter der ausländischen Juden (Zürcher-Brahn, 1956). 1943 wird er mit seiner Frau über das Durchgangslager Westerbork nach Theresienstadt abtransportiert. Ende Oktober 1944 wurde er trotz gegenteiliger Zusicherung der Nazis mit seiner Frau im KZ Auschwitz ermordet.
Annonce der Familie Max Brahns.

Die Tochter Ursula Zuercher suchte Spuren ihres in Auschwitz ermordeten Vaters Max Brahn. Die Akten im Universitätsarchiv Leipzig erzählen von ihren Bemühungen.


Universitätsarchiv Leipzig, Personalakte M. Brahn.
Universitätsarchiv Leipzig. Akte Errichtung einer planmäßigen ao. Professur fürBerufspsychologie und exp. Pädagogik.
Digital
Brief von Max Brahn an Wilhelm Wundt
Brief von Max Brahn an Karl Lamprecht
Brief von Curt Thesing von der Medizin und der Technik Naturwissenschaften : Wochenschrift für die Fortschritte der Naturwissenschaft an Wilhelm Wundt
Brief von Max Brahn an Magnificenz Karl Lamprecht, Rektor der Universität Leipzig
Brief von Max Brahn und Hedwig Brahn an Wilhelm Wundt

Lucy Beck

Lucy Beck. UAL DF 001654. Rechte: Herrn Prof. Dr. Antonio Augusto Passos Videira

Lucy Beck wurde am 19.12.1880 in Nachod (Böhmen) geboren. 1938, vom Anschluss auf einer Besuchsreise bei Verwandten in der CSR überrascht, kehrte sie nicht mehr nach Wien zurück. Am 17. Dezember 1942 wurde sie von von Hradek Kralove (Königsgrätz) /CSR in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Am 6. September 1943 ist sie dann nach Auschwitz gebracht worden und es verliert sich jede Spur.

Siegmund Hellmann

Über das Schicksal des bereits 1942 in Auschwitz ermordeten Professor Siegmund Hellmann herrschte lange Zeit Ungewissheit. Die Akten belegen verschiedenste Anfragen an die Universität und Bescheide der Universitätsverwaltung über das Schicksal des renommierten Historikers.
Professor Siegmund Hellmann wurde am 9.03.1872 als Sohn des Bankiers Heinrich Hellmann in München geboren. Ermordet wurde er am 07.12.1942 in Theresienstadt.
Er war 1900 Dozent in München; dann bis 1909 außerordentlicher Professor in München.  Den Ruf zum ordentlichen Professor in Leipzig für mittelalterliche Geschichte erhielt er am am 16.10.1923. In Leipzig wohnte er in der Gletschersteinstraße 24. Am 28.06.1933 ging er in den Ruhestand. Ermordet wurde er am 07.12.1942 im Ghetto Theresienstadt; siehe Phil.Fak.Album, S.49.
Siegmund Hellmann wurde 1923 als Ordinarius an die Universität Leipzig berufen. Da diese Berufung entgegen den Vorschlägen der Fakultät von der damals linkssozialistischen sächsischen Regierung ausgegangen war, wurde der wissenschaftlich hochverdiente und schon in München pädagogisch bewährte linksliberal gesinnte Hellmann in Leipzig mit verbitternder Kälte empfangen, was aber seiner Wirkung keinen Abbruch tat. 1933 wurde Hellmann unter drückender Kürzung seiner Bezüge vom Lehrstuhl nach Paragraph 3 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aufgrund seiner jüdischen Abstammung entfernt und ging nach München. Als unentwegt um Deutschland besorgter Patriot schrieb er an einer „Deutschen Geschichte“. Er verließ Deutschland und München nicht, solange dazu Gelegenheit gewesen wäre, und wurde im Juli 1942 mit seiner Schwester deportiert.
Schon als Student auf das stärkste von Ludwig Traube beeindruckt, später im engen Anschluß an den Romanisten Vossler und die Juristen Rothenbücher und von Schwerin, ein Verehrer Max Webers, (dessen Vorlesungen über „Wirtschaftsgeschichte“ er mit M. Palyi 1923 herausgab), war H. sowohl als Philologe wie als Historiker dem Zeitstil voraus. In seinen Arbeiten über Gregor von Tours (1911), dessen fränkisch Geschichte er neu ins Deutsche übersetzte, und über Einhard (1932) machte er, Philolog und Historiker zugleich, die Erkenntnis des Kompositionsschemas der historischen Kritik dienstbar. Sein historisches Hauptwerk bietet eine die Sozialgeschichte stark berücksichtigende, doch auch in der Erzählung der Ereignisse noch immer lesenswerte Darstellung: „Das Mittelalter bis zum Ausgang der Kreuzzüge“. Seit 1918 hat sich Hellmann mehrfach politisch geäußert und sich als Herausgeber politischer Schriften (von Max Weber, F. C. Endres, H. Nawiasky) betätigt. Wegweisend sind seine Abhandlungen zur Methodik der mittellateinischen Philologie und des historischen Studiums.

Todesfallanzeige Siegmund Hellmann, Theresienstadt http://www.holocaust.cz/en/database-of-victims/