Skip to content

Zum 200. Geburtstag von Carl Thiersch

Der Mediziner Carl Thiersch (1822 - 1895)

Seit 1704 bestand an der Universität ein „Anatomisches Institut“, das Johann Christian Schamberg (1667 – 1706) als Professor für Anatomie und Chirurgie eingerichtet hatte. Ab 1833 stellte der Sächsische Staat zur Förderung der Medizinischen Fakultät Mittel zur Verfügung. Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden modern eingerichtete Institute, Laboratorien und Kliniken. Im Südosten Leipzigs bildete sich ein akademisches Viertel, in der heutigen Liebigstrasse, der damaligen Waisenhausstrasse, entstand 1871 der erste Klinikbau Europas im Barackenstil. An der Universität setzte in dieser Zeit eine bemerkenswerte Entwicklung der Naturwissenschaften, der Landwirtschaftswissenschaften und der Medizin ein. Durch die Berufungsüpolitik waren immer mehr bedeutende Gelehrte nach Leipzig gekommen, deren Kompetenz den zukünftigen Weltruf der Universität begründeteten.

Die chirurgische Klinik.

An der medizinischen Fakultät waren das u.a.der Mediziner Karl August Wunderlich, der Physiologe Carl Ludwig, der Chirurg Carl Thiersch und der Psychiater Paul Flechsig.

Das Ordinariat für Chirurgie übernahm 1867 Carl Friedrich Thiersch (1822 – 1895), mit dem neue Methoden in der Chirurgie eingeführt wurden. Er war der Nachfolger von Gustav Biedermann Günther, der von 1841 bis 1866 den Lehrstuhl innehatte. Seine erste Wirkungsstätte war das alte Jakobsspital am Rosenthal gewesen, das nicht mehr den modernen Anforderungen an eine Klinik entsprach. Mit Unterstützung der Stadt und der Universität erwirkte er den Bau eines neuen Krankenhauses. Es entstand in der damaligen Waisenhausstrasse (heute Liebigstrasse). Es war das erste Krankenhaus in Europa, das nach amerikanischem Vorbild im Barackenstil erbaut wurde. Hier entstanden chirurgische Stationen, die als Mustereinrichtungen galten, in denen unter antiseptischen Bedingungen gearbeitet wurde. Mit Carl Thiersch begann ein neuer Abschnitt in der Chirurgie. Etliche neue operative Methoden hat der Gelehrte entwickelt und in die Praxis eingeführt. Bild links: Carl Thiersch, um 1874, UAL FS N06241-035

In seiner berühmten Rede (1876) vom Denkumbruch in der Medizin heißt es: „Die vormalige Medizin war ein Kind der Philologie, die heute ist die Schwester der Naturwissenschaften.“ Dieser Satz verdeutlicht den Wandel in der Medizin an der Universität jener Tage deutlich.

Operation in der Chirurgischen Klinik, 1915

Als Carl Thiersch 1876 das Rektoramt übernahm, sagte er in seiner Antrittsrede: „In summa beherbergte in den siebziger bis neunziger Jahren keine deutsche Fakultät eine so große Zahl führender Männer und weithin anerkannter Gelehrter wie Leipzig“.

Im „Leipziger Medizinischen Viertel“ enstanden bis 1914 entstanden folgende Kliniken und Institute:

1869 Physiologisches Institut
1875 Anatomisches Institut
1879 Medizinische Klinik Liebigstraße
1882 Psychiatrische und Nervenklinik
1883 Universitätsaugenklinik
1888 Medizinische und Chirurgische Polikliniken
1888 Pharmakologisches Institut
1892 Universitätsfrauenklinik Stephanstraße
1900 Chirurgische Klinik
1906 neues Pathologisches Institut und Institut für Gerichtsmedizin
1908 Nutzung des ehemaligen Gasthofes „Lindenhof“ als orthopädische Poliklinik
1910 Zahnärztliches Institut
1912 Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten