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Student an der Uni Leipzig | Gotthold Ephraim Lessing

Büste von Gotthold Ephraim Lessing, UAL FS N00477

Hm! hm! – wunderlich! – Wie ist
Mir denn? Was will der Sultan? was? Ich bin
Auf Geld gefaßt; und er will Wahrheit. Wahrheit!

Und will sie so, so bar, so blank, als ob
Die Wahrheit Münze wäre! ja, wenn noch
Uralte Münze, die gewogen ward!
Das ginge noch! Allein so neue Münze,
Die nur der Stempel macht, die man aufs Brett
Nur zählen darf, das ist sie doch nun nicht!
Wie Geld in Sack, so striche man in Kopf
Auch Wahrheit ein? Wer ist denn hier der Jude?
Ich oder er? Doch wie? Sollt‘ er auch wohl
Die Wahrheit nicht in Wahrheit fodern? Zwar,
Zwar der Verdacht, daß er die Wahrheit nur
Als Falle brauche, wär‘ auch gar zu klein!
Zu klein? Was ist für einen Großen denn
Zu klein? Gewiß, gewiß: er stürzte mit
Der Türe so ins Haus! Man pocht doch, hört
Doch erst, wenn man als Freund sich naht. Ich muß
Behutsam gehn! Und wie? wie das? So ganz
Stockjude sein zu wollen, geht schon nicht.
Und ganz und gar nicht Jude, geht noch minder.
Denn, wenn kein Jude, dürft‘ er mich nur fragen,
Warum kein Muselmann? Das war’s! Das kann
Mich retten! Nicht die Kinder bloß, speist man
Mit Märchen ab. Er kommt. Er komme nur!

Aus: Nathan der Weise (1779). 6. Aufzug. Nathan alleine.

Johann Friedrich Christ (1700-1756)

Am 20. September 1746 kam der Pfarrerssohn aus Kamenz nach dem Besuch der Fürstenschule St. Afra zu Meißen nach Leipzig. Er immatrikulierte sich für  Theologie und Philologie, ab 1748 für Medizin. Lessing mußte Leipzig seiner Gläubiger wegen 1748 verlassen und ging nach Wittenberg.  1752 promovierte er ebenda zum Magister für Philosophie. Für Leipzig fand Lessing lobende Worte, eine Stadt, in der man die ganze Welt im Kleinen wiederfinden könne. Dankbar war seinem Leipziger Professor für Poesie Johann Friedrich Christ für dessen Förderung. Mit dem Leipziger Dramatiker Christian Felix Weiße verband ihn eine rege Freundschaft. Erste Gedichte und Erzählungen entstanden, gedruckt in den Zeitschriften „Naturforscher“ und „Ermunterungen zum Vergnügen des Gemüts“. Permanente Schulden trieben Lessing im Sommer 1748  aus der Stadt.

Im Oktober 1755 begab sich Lessing wieder nach Leipzig. Von dem reichen Kaufmann Christian Gottfried Winkler bekam er das Angebot, als dessen Begleiter eine vierjährige Reise durch Europa zu unternehmen, zu der sie 1756 aufbrachen. Im August wurden sie in Amsterdam vom Ausbruch des Siebenjährigen Krieges überrascht, sie waren zur Umkehr gezwungen. Leipzig war jetzt von den Preußen besetzt,  Lessing entwickelte eine enge Freundschaft zum preußischen Major und Dichter Ewald von Kleist.

Von Kleist wird  später zum imaginären Adressaten seiner »Briefe, die neueste Literatur betreffend« (1759/60) und zum Vorbild für die Figur des Major von Tellheim in seinem Schauspiel »Minna von Barnhelm« (1767). Lessing hat pflegt Umgang mit Christian Fürchtegott Gellert und Johann Wilhelm von Brawe. Im Mai 1758 kehrte Lessing nach Berlin zurück. 1775 reiste er über Leipzig und Dresden nach Wien, und weiter als Begleitung des Prinzen Leopold von Braunschweig nach Italien.