Erich Kästner war ein äußerst fleißiger Student. Die im Universitätsarchiv Leipzig erhalten Nachweise berichten über die von Kästner besuchten Seminare und Vorlesungen. Im Wintersemester 1922/23 belegte er 17 Lehrveranstaltungen: u.a. Geschichte der französischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts, Goethe, Geschichte der deutschen Literatur von 1450 bis 1750, Deutsche Metrik, Kultur der Stauferzeit, Selbstkritik der modernen Kultur von Rousseau bis Spengler, Das mittelhochdeutsche Epos, Die Idee von von 1789, Grundlagen der Pädagogik, Die Entwicklung des literarischen Publikums.
Obwohl ich selber Verse mache, sind mir viele Lyriker noch unsympathischer als alle Tenöre…“
Erich Kästner, Student an der Universität Leipzig 1919 – 1925
„Obwohl ich selber Verse mache, sind mir viele Lyriker noch unsympathischer als alle Tenöre… Sie sind wahrscheinlich nicht so notwendig wie die Bäcker und die Zahnärzte; aber nur, weil Magenknurren und Zahnreißen deutlicher Abhilfe fordern als nichtkörperliche Verstimmungen. Trotzdem dürften Gebrauchspoeten ein bißchen froh sein: sie rangieren unmittelbar nach den Handwerkern. „
Aus: Die literarische Welt 13,14 /1929.
“Sehr bald konnte ich mir für das monatliche Stipendium knapp eine Schachtel Zigaretten kaufen. Ich wurde Werkstudent, das heißt, ich arbeitete in einem Büro, bekam als Lohn am Ende der Woche eine ganze Aktenmappe voll Geld und mußte rennen, wenn ich mir dafür was zu essen kaufen wollte. An der Straßenecke war mein Geld schon weniger wert als eben noch an der Kasse. Es gab Milliarden – ja sogar Billionenscheine…. Das war 1923. Studiert wurde nachts.”
(Aus: Die chinesische Mauer in: Der tägliche Kram, S.65)
Erich Kästner (23.2.1899 – 29.7.1974) wurde 1919 für Geschichte, Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft immatrikuliert. Endlich folgt die Promotion am 5. Juli 1925 zum Dr. phil. bei dem Goethe-Spezialisten und Historiographen der Leipziger Literaturgeschichte Georg Wittkowski, zum Thema „Die Erwiderung auf Friedrichs des Großen Schrift „De la littérature allemande.“ Er arbeitete bereits für verschiedene Redaktionen und konnte seine Mutter vom Redakteursgehalt zu seiner ersten Auslandsreise einladen. Leipziger Professoren wie der angesehene Germanisten Albert Köster , dessen Assistent Kästner wurde, prägten ihn in seinem Literaturverständnis. Kästners Arbeit als Journalist und Theaterkritiker für die „Neue Leipziger Zeitung“ endet 1927, nachdem Leser höchst pikant auf eines seiner frivol-sarkastischen Gedichte reagierten. In Berlin nun begann eine sehr produktive Zeit als Mitarbeiter der „Weltbühne“ und Autor vieler Romane.
Überleben mit Gelegenheitsjobs
Mit Gelegenheitsjobs schlug sich in der Zeit der Inflation der Autor von „Emil und die Detektive“, „Pünktchen und Anton“, „Das fliegende Klassenzimmer„, der „Leipziger Studentengedichte„… durchs Leben. Anfang 1923 erscheinen jedoch die ersten Texte eines gänzlich unbekannten Autors im „Leipziger Tageblatt“ und in der »Neuen Leipziger Zeitung«. Aufmerksame Leser werden sofort hellhörig: Hier ist ein ganz eigener Ton, wie man ihn so noch nie vernommen hat. Er schreibt Gedichte, Erzählungen, Theater- und Buchrezensionen, Aphorismen, politische Glossen und Leitartikel. Gelegenheitsjobs waren: Adressenschreiben beim Leipziger Messeamt und Hilfsbuchhalter bei der Städtischen Baugesellschaft. Nebenbei studierte er, dichtete und versuchte, seine ersten Texte zu veröffentlichen. Und damit schuf er sich den Grundstein für eine sichere Finanzierung des Studiums und seine Karriere als Journalist und Schriftsteller.