Für die Anziehungskraft und Ausstrahlung der alma mater lipsiensis spricht der Lebensweg von Caspar Rene Gregory. Der junge Theologiestudent kam 1873 aus den USA nach Deutschland, um seine Studien bei Konstantin von Tischendorf fortzusetzen. Als sein Leipziger Lehrer früh verstarb, blieb er in Leipzig und führte später dessen Arbeiten aus seinem Nachlaß weiter fort. In Fortsetzung der bereits 1864-1872 gedruckten Bände von Tischendorf gab er einen dritten Band „Prolegomena“ zu den handschriftlichen Quellen des Neuen Testaments heraus. Zugleich suchte Gregory die Nähe des theologischen Dreigestirns um Luthardt und engagierte sich für die Ideen von Friedrich Naumann (1860-1919), zu dessen Evangelisch-sozialem Kongreß er sich als eifriger Anhänger bekannte. An der Universität Leipzig übernahm Gregory im Jahre 1887 nach seiner Habilitation die Leitung der kirchlich-archäologischen Sammlung und wirkte als außerordentlicher und schließlich als Honorarprofessor (1891) für neutestamentliche Textkunde. Darüber hinaus war Gregory in Leipzig, nicht nur an der Universität, als volkstümlich und menschenfreundlich bekannt. Noch als 67jähriger Kriegsfreiwilliger meldete er sich 1914 aus Pflichtbewußtsein für den Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg.
Im Schützengraben schwer verwundet, starb er in einem Lazarett an der Westfront im Jahre 1917.
Mit seinem Tod und dem Kriegseintritt der USA endete eine fast hundertjährige Wissenschaftsbeziehung zwischen Leipzig und Amerika.